Die Konfrontationen zwischen dem Realen und dem Imaginären ist seit Jahrtausenden ein Teil des menschlichen Zusammenlebens. Gesellschaften schufen Mythologien, Geschichten, Märchen und Gemeinschaftsträume, regten die Vorstellungskraft an und erzeugten einen eigenständigen „kulturellen Korpus“, im Bestreben, das Reale zu erforschen und durch die Vorstellung zu transformieren. Basierend auf dem Konzept von Morphismus und Dysmorphismus untersucht IRRÉALITÉS / UNREALITIES von Januibe Tejera, wie Musik die Vielfalt dieses kulturellen Korpus verbinden kann, nicht auf Grund von kulturellen Ähnlichkeiten, sondern organisiert durch eine akustische Realität. Tejera, dessen Schaffen irgendwo an den Grenzen zwischen diversen Musikstilen und szenischen Künsten angesiedelt ist, überträgt die Mechanismen der gemeinschaftlichen Vorstellung in eine musikalische Wirklichkeit. Mit autogenerativen Klangmodellen wird das Werk in Echtzeit für Stimme, Ensemble und Elektronik imaginiert und so ein neues Vokabular von Unwirklichkeiten und irrealen Klangmodellen geschaffen. Mit einer unverwechselbaren Klangidentität für jeden Musiker und jede Musikerin und elektronischer Improvisation schafft das Projekt eine klangliche Realität, in der die Grenzen von Stimme, Instrumenten und Elektronik nicht mehr wahrnehmbar sind, sondern zu einem großen und grenzenlosen, unwirklichen und dysmorphen Klangraum vermischt werden.
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Januibe Tejera
IRRÉALITÉS / UNREALITIES für Stimme, fünf Musiker*innen und Elektronik, 2024 (UA)
ein Auftragswerk von PHACE